Freitag, 30. September 2016

Schwarz oder weiß? Ganz oder gar nicht?



"Ist das wirklich deine Sichtweise, was du da jede Woche schreibst?" frug mich eine Leserin. Ich: "Ja, das tue ich." Sie: "Das ist aber sehr einseitig."

Ich habe drüber nachgedacht und ja, es ist so, ich bin einseitig, nicht facettenreich, sondern ich denke in Schubladen, in Kategorien, für mich gibt es nur schwarz oder weiß. Ganz oder gar nicht. Für mich ist das Glas immer halb leer oder halb voll. Aber es gibt nie was dazwischen. Keine Grautöne.

Wenn ich krank bin, bin ich krank und zwar so richtig. (Siehe auch mein Beitrag zur meiner einer Männergrippe) Wenn ich aufstehe, bin ich entweder gut gelaunt oder schlecht gelaunt und das wird sich auch im Laufe des Tages nicht ändern.

Ich behalte mir vor, erst mal alles Neue doof zu finden und neue Menschen auch erst mal nicht zu mögen. Das Mögen und damit mein Vertrauen müssen sie sich erst mal verdienen.

Bis jetzt bin ich damit ganz gut gefahren, obwohl ich wahrscheinlich einiges auch dadurch verpasse. Was? Zum Beispiel Grenzerfahrungen, neue Begegnungen oder Eindrücke. Ich bin jemand, der fährt gerne immer zum selben Urlaubsort, ich mag ja nichts Neues, und beim altbekannten Urlaubsort, da weiß ich was auf mich zu kommt, da kann ich planen.

Denn wenn ich in Schubladen denke, kann ich planen, dann ist mein Leben messbar und planbar und halt auch kontrollierbar.

„Wer eine Sache am besten kann, sollte das eine tun, was er kann.“ sagte Henry Ford

Und das sehe ich auch so und ich kann halt gut schwarz-weiß-malen. Ja, ich kann auch bunt, aber dann ganz bunt.

Ich hasse Spontanität, denn "auch Spontanität muss sorgfältig geplant werden." Am liebsten mit etwas Vorlaufzeit. Ich mag keinen unangemeldeten Besuch, ich hasse es wenn der Kindergarten anruft, "dass Kind 1 in die Legokiste gefallen ist. Das Kind kann abgeholt werden, aber ich muss nicht, das darf ganz allein ich entscheiden." Ja klar, melden macht frei und ich darf überlegen ob ich mein krankes Kind trösten möchte oder lieber arbeite.

Als ob es da ein oder gibt. Ich glaube nicht, dass man ein erfülltes Berufsleben und Kinder wirklich unter einen Hut bringen kann. Es gibt so viele Teilzeitmuttis, die aber auch nicht wirklich glücklich sind. Die einen müssen arbeiten, wegen des Geldes, die anderen wollen arbeiten, aber in Wirklichkeit reißen sie sich zwischen Kinder, Beruf und Haushalt auf und können in keinen dieser Bereiche wirklich zufrieden bringende "Leistungen" erbringen.

"Leben ist das, was passiert während du dabei bist andere Pläne zu machen."

Würde ich komplett aufhören zu arbeiten, wenn ich genug Geld hätte? Würde ich mich rundherum nur um meine Kinder kümmern und wären die dann glücklich? Wäre ich dann glücklich? Was prägt uns? Für mich als DDR-Kind ist es normal, dass Kinder mit 1 Jahr in die Kinderkrippe gehen. Hier im Westen gibt es Mütter und Eltern die jedes Mal doof gucken, wenn dein Kind bevor es 3 Jahre alt ist in die Kita geht. Aber auch nur weil sie so erzogen wurden.

Ich finde es wichtig, dass meine Kinder auch eine arbeitende Mama kennen, dass sie emanzipiert aufwachsen. Und dann können sie später selber entscheiden ob ihre Frauen später arbeiten gehen dürfen oder hinter den Herd gehören.

Warum bin ich wie ich bin? Kann ich nicht kochen, weil meine Mutter es nicht mochte und mir auch somit nie wirklich beigebracht hat? Sind wir deshalb ein bügelferner Haushalt, weil ich es nicht vorgelebt bekommen habe?

Ist das so einfach? Bin ich deswegen immer nur schwarz oder weiß, weil es als Kind für mich wichtig war? Man sieht mir meine Laune oder wenn mich etwas bedrückt immer an. Schon früher wusste der ganze Schulbus nach 6 km, dass ich eine 3 in Mathe hatte. Und das obwohl ich nicht wirklich mitteilsam bin. Man sieht mir einfach an, wenn ich glücklich oder unglücklich.

Ich kann nur schwarz oder weiß, ganz oder gar nicht.

Ich mag keine halben Sachen, deshalb war dieser Artikel auch noch nicht Donnerstag fertig, sondern erst Freitag. Ganz oder gar nicht. Und deshalb habe ich auch so viele Termine und bin immer wieder am Planen und Kontrollieren, denn mir graut es vor dem „gar nicht.“ Was passiert, wenn ich mal nichts zu tun habe. Bin ich dann nicht mehr wichtig? Werde ich dann nicht mehr gebraucht? Und deswegen werde ich mich jetzt wieder meinen To-Do-Listen zu wenden um zu schauen, was ich als Vollzeitmama, Vollzeitarbeitnehmerin und Vollzeitehefrau so als nächstes noch tun MUSS.

Wo das Müssen beginnt, hört das Fürchten auf.“ (Otto Eduard Leopold Fürst von Bismarck)


1 Kommentar:

  1. Zitat: "Ich finde es wichtig, dass meine Kinder auch eine arbeitende Mama kennen, dass sie emanzipiert aufwachsen. Und dann können sie später selber entscheiden ob ihre Frauen später arbeiten gehen dürfen oder hinter den Herd gehören."

    Diese Entscheidung treffen nicht wirklich Deine Kinder, wenn Du sie emanzipiert aufwachsen lässt. Diese Entscheidung wird letztendlich von der jeweiligen Person getroffen, die Arbeiten gehen möchte oder doch lieber den Haushalt schmeisst. Ehrlich, das ist wirklich schwarz/weiß gedacht.

    Der Artikel gefällt mir sehr gut. Für mich wäre es nichts. Klar neige ich wie wohl jeder auch einmal zu reiner schwarz/weiß Malerei, aber ich liebe die Facetten und vielen Möglichkeiten, die sich neben schwarz und weiß ergeben. Der Tee ist eben nicht heiß und er ist auch nicht kalt, aber er hat genau die richtige Trinktemperatur. Um nur einmal ein Beispiel zu nennen.

    Unterschiedliche Urlaubsorte finde ich klasse, da gibt es so viel neues zu entdecken. Ich mache mich vorher verrückt, weil ich lieber heute als morgen stöbern, schauen, entdecken möchte. Und genauso geht es mir mit Menschen. Ich lerne liebend gerne neue Menschen kennen. (komischer Ausdruck für neue Bekanntschaften) Wie sind deren Ansichten, Erfahrungen, Einstellungen? Wie gehen sie mit ihrem Leben und allen Unwägbarkeinten um? Die Welt und das Leben haben so viel mehr zu bieten, als nur schwarz / weiß oder grellbunt.

    Ich wünsche mir für Dich, dass Du Dich mehr überraschen lassen kannst.

    Der Artikel gefällt mir insgesamt gut, wenn mir auch nicht alle Aussagen in diesem Arikel zusagen und eindeutig meinen Widerspruch hervorrufen. Ich sehe es anders, facettenreicher. ;-)

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