Donnerstag, 25. August 2016

Über Autos und Emanzipation



 Definition Emanzipation laut Duden:

1. Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit; Selbstständigkeit; Gleichstellung
2. rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung [der Frau mit dem Mann]

Also ich finde es natürlich gut, dass es die Emanzipation gibt, dass Frauen wählen und arbeiten und dass sie eine eigene Meinung haben dürfen und dass noch so vieles mehr für uns Frauen möglich ist, was vor etlichen Jahren noch undenkbar war. Ich glaube zwar, dass ich vor 100 Jahren auch eine ganze passable Ehefrau abgegeben hätte, aber so wie heute ist es mir schon lieber. *grins*

Ich bestehe auf Emanzipation, wenn es darum geht, Familienangelegenheiten zu entscheiden und zwar gemeinsam und gleichberechtigt. Ich bestehe auf mein Recht als Frau, wenn es um die Rettung der Wohnung vor gemeingefährlichen Spinnen geht, darum den Müll runterzubringen oder ein Loch in die Wand zu bohren.

Und jetzt werden einige Frauen (auch in meiner Familie) mit den Augen rollen: für mich ist ein Auto nur ein Auto. Emanzipation hin oder her.

Es ist schwarz oder weiß und fährt. Ich kenne keine Marken oder Typen und wenn mich jemand fragt, was ich für ein Auto habe, muss ich erst in den Fahrzeugschein schauen. Oder Fahrzeugbrief? Jedenfalls in das was idealerweise in der Handtasche und nicht hinter der Sonnenblende des Beifahrers "versteckt" ist.

Mein 4jähriger Sohn sagt zurzeit beim Autofahren immer: "Mama, es ist schwarz und es hat Räder. Welches Auto meine ich?" Die Antwort ist meistens: "das Auto das wir vor 3 Straßen vor uns links abbiegen sehen haben" oder so ähnlich. Ich fürchte mich vor der Zeit, wo er dann alle Marken und Typen und Sorten wissen will. Oder ich kann bei der Gelegenheit gleich alles mitlernen.

Ich fahre jedenfalls ein kleines türkises Stadtauto, dem man schon von Weitem ansieht: das ist ein Mamiauto und das, noch bevor man die beiden Kindersitze sieht. Und ja, ich parke auf Frauenparkplätzen und auch auf Eltern-Kind-Plätzen. (Letzteres auch, wenn ich meine Kinder nicht dabei habe) Anmerkung: mein Mann hatte letztens wohl in der Mittagspause mit seinen männlichen Kollegen das Thema, ob man als Mann, wenn man die Kinder dabei hat, auch auf einen Frauenparkplatz parken darf. Sie haben einstimmig beschlossen: JA. AHA. Nicht haha, obwohl es das vielleicht auch zutrifft.

Ich nutze also Frauenparkplätze und stehe dazu. Gleichzeitig finde ich Frauenparkplätze und auch z.B. Frauenquoten in Unternehmen diskriminierend. Ist das vereinbar? Ich glaube schon, wir Frauen sind ja manchmal etwas widersprüchlich. Aber so lange man sich dessen bewusst ist, ist das für mich in Ordnung. In manchen Lebenslagen sollte man sich ruhig die Rosinen rauspicken dürfen.

Apropos Rosinen, einige unter uns Frauen sind halt emanzipierter als andere. Da parke ich also letztens in der Tiefgarage unserer nicht allzu kleinen Stadt und bin tierisch stolz auf mich. 1. dass ich mich überhaupt mit dem Auto in die Innenstadt getraut habe, 2. dann noch in die Tiefgarage gefahren bin und dann 3. auch noch einigermaßen geparkt habe. Natürlich auf einen Frauenparkplatz, als ich von meinem Shoppingerlebnissen wiederkomme, sehe ich einen Zettel an meiner Scheibe kleben.

Schweißperlen auf meiner Stirn: "oh Gott, was ist passiert?"

"Hallo Unbekannte(R), das mit dem Parken üben wir dann aber noch mal oder? Beste Grüße die Frau von Nebenan ;o)"

Okay, ich finde ich habe ein Recht, in meiner Parklücke, innerhalb von meinen beiden Strichen zu parken wie ich möchte, ob gerade oder schräg oder vorwärts oder rückwärts, egal, Hauptsache ich bleibe innerhalb meiner Begrenzung. Dachte ich.

Andere sehen das wohl anders. Zumal ich auch nicht antworten konnte, denn ob das Auto neben mir, genau das gleiche war, wie 2 Stunden zuvor, sowas weiß ich doch nicht.

Interessant fand ich auch die Annahme meiner Nebenparkfrau, dass es sich eventuell um einen Mann gehandelt haben könnte?! AHA, ein Mann in einem türkisen Auto, der sich relativ schief auf einen Frauenparkplatz stellt. Mhmmm, glaube ich nicht, aber auch hier war meine Nebenparkfrau wohl sehr emanzipiert.

(Für die, die sich jetzt fragen, was sagt eigentlich der Gesetzgeber dazu? Laut Bußgeldkatalog, gibt es eine Strafe von 10€ für "nicht platzsparendes Parken". Dh. ich muss jeweils immer einen guten Meter vor und hinter mir Platz lassen, um anderen parkenden Fahrzeugen ein bequemes und sicheres Ein- und Ausparken gewährleisten zu können. Wenn man das Auto quer oder schräg parkt, muss "nur" ein ungefährer Seitenabstand von 70 cm eingehalten werden, damit das Einsteigen möglich ist. (Siehe bußgeld-info.de) Mit diesem neuen Wissen, eröffnen sich mir völlig neue Möglichkeiten *grins*)

Ich gebe also zu, dass ich eine Frau bin, dass ich gerne Auto fahre und den Komfort genieße schnell von A nach B zu gelangen, aber dass ich kein sonderliches Talent zum Parken habe. Dass mir jegliche Formen und Farben (und an dieser Stelle sei verraten, dass mein Mann alleine(!) das Auto ausgesucht hat, ich hätte mir nie ein so offensichtliches Frauenauto gekauft, Tarnung ist doch hier schließlich alles) egal sind, Hauptsache es fährt. Ich gebe auch zu, dass ich in besonderen Stressmomenten (z.B. Parken) die Musik leiser mache, weil ich sonst nicht rückwärts fahren kann und dass mein schlimmster Alptraum ist, dass die Bremsen versagen und ich irgendwo rauffahre. Ich gebe auch zu, dass ich die Motorhaube meines Autos noch nie offen hatte, dass ich bis vor kurzem meinen Mann noch tanken geschickt habe, da ich mich nicht getraut habe und dass ich keine Ahnung habe wo der Unterschied zwischen HU/AU oder TÜV oder Durchsicht liegt.

Aber zur Rettung der Frauen sei erwähnt, dass ich im Gegenzug zu meinen Mann, zum Beispiel, seit Führerscheinbesitz ohne Unfall oder Punkt in Flensburg bin. Und das seit immerhin 14 Jahren.

Ich mag Rosinen, nein eigentlich nicht, aber ich bin gern verheiratet, das macht vieles einfacher. Zusammen ist man weniger allein (und man hat im Zweifelsfall immer jemanden, der für einen das Autowaschen fährt, während man äh frau das Mittagessen kocht und die Kinder versorgt.)

In diesem Sinne bis nächstes Mal.

Donnerstag, 18. August 2016

Über Gedanken und Gedankenformen


Habt ihr euch schon mal gefragt, welche Formen eure Gedanken haben? Sind sie rund oder eckig oder schwarz-weiß oder farbig? Ist es eine Masse oder einzelne Fäden? Schwirren sie auf oder ab? Oder verkanten und verhaken sich? Sind sie im Fluss, fließen sie rückwärts oder vorwärts?

Meine Gedanken sind jedenfalls rund, sie drehen sich und wirbeln in meinem Kopf rum. Mal ganz schnell, mal ganz langsam. Besonders wenn man nichts zu tun hat oder eigentlich was dringendes erledigen sollte. Aber natürlich fallen einen immer dann wieder 1000 andere "wichtigere" Sachen ein, die man noch ganz schnell machen muss, bevor man sich endlich an DIE Sache setzen kann.

Einen Artikel für Donnerstag schreiben? Klar, mache ich gleich, ich muss nur noch schnell meinen Schreibtisch aufräumen. Oder die Post wegbringen. Oder Wäsche waschen. Oder den Backofen reinigen. Oder noch schnell die Mails checken. Oder ... So jetzt aber, ach eigentlich jetzt erst mal einen Kaffee und so ein bißchen Hunger ist da auch noch.

Und so findet man immer wieder Sachen, die im Moment wichtiger scheinen, obwohl sie es ja eigentlich nicht sind.

"Morgen vielleicht, denken wir jeden Tag und so vergeht das Leben" (Alba de Espedes)

Und am Ende des Tages frage ich mich immer, wo denn die Zeit geblieben ist. Irgendwie habe ich heute wieder nichts geschafft. Deswegen wäre ich gern Postbote oder so vom Beruf. Ich fand es schon immer faszinierend anderen Leute eine Freude zu machen. Und so würde ich vielen Menschen eine Freude machen und ihnen bunte Postkarten und Briefe ihrer Liebsten (nein keine Rechnungen) bringen und würde am Ende des Tages auch wissen, dass ich so und so viele Briefe abgeliefert und so und so viele Kilometer gelaufen bin. Ich hätte sichtbare Beweise, dass ich fleißig war.

Es geht wahrscheinlich darum, sich und seine Arbeit wichtig zu nehmen. Ich als Sekretärin, habe den ganzen Tag dann Termine verschoben, Sachen ausgedruckt, die dann wieder weggeschmissen wurden, Kaffee gekocht und "weltbewegende" Problemchen vom Chef gelöst. Trotzdem mag ich meinen Beruf. Ich liebe die Struktur und die Ordnung. Auch wenn es meistens nicht klappt. Aber hier ist wohl mal das Ziel der Weg. Viele die mich kennen, werden hier lachen. Ja, ich bin nicht die ordentlichste, und ja ich bin auch nicht die pünktlichste. Aber viel wichtiger ist doch, dass ich meinen Chef gut verplant habe und ER pünktlich in seinem Termin ist. Das was man gut kann, auf sich anzuwenden und sich selbst was Gutes zu tun, sind zwei verschiedene paar Schuhe.

Ich schiebe also immer alles auf den letzten Drücker, bekannt auch als "Aufschieberitis". Ach, noch eine halbe Stunde bis ich bei meiner Freundin sein muss, dann kann ich ja noch schnell dieses und jeniges erledigen. Ach, da muss ich noch nicht losfahren, sonst ist sie noch nicht da. Letztlich ist es immer dasselbe Spiel und ich komme immer zu spät.

Das ist selbstgemachter Stress. Klar, könnte ich den Artikel auch früher schreiben und nicht erst Donnerstagabend. Klar, könnte ich die Unterlagen für den Banktermin auch früher raussuchen, aber ich habe ja noch Zeit. Das mache ich dann gleich oder später.

Es ist also zum einen das nicht perfekte Selbstzeitmanagement und daraus selbstproduzierter Stress. Und auf der anderen Seite, hätte ich gern sichtbare Erfolge. Ich weiß noch nicht, wie daraus ein Artikel werden soll. Schließlich soll es ja um die Formen und Farben der Gedanken gehen. Getreu dem Motto:

"Was machst du?"
"Ich räume auf!"
"OK. Im Liegen?"
"Ich sortiere Gedanken nach Farben!"

Wenn ich also meine Gedanken sortiert kriege, dann könnte ich mich und meine Zeit auch besser managen und hätte den Kopf klarer? Und dadurch würde ich mehr schaffen und könnte mehr sichtbarere Erfolge schaffen?

Oder besser die Gedanken ausblenden? Oder verarbeiten? Oder mit Arbeit "überarbeiten"?
Viel zu tun haben, damit ich nicht denken muss? Es gibt ja auch Betriebe wo das Motto ist: "du sollst nicht denken, du sollst nur arbeiten." Von mir wird schon verlangt, dass ich mitdenke und das finde ich toll.

Ich darf also auf der Arbeit denken und mitdenken und meine Gedanken sind rund. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, sondern ich bin einfach davon ausgegangen, dass die Gedanken, der anderen auch rund sind. So lange bunte Spiralen wie bei mir, die sich drehen.

Gut, von manchen Menschen, denke ich auch, dass sie nicht denken. Manche sind einfach dumm wie Toastbrot, und andere, die können glaube ich einfach nicht denken. Ich will jetzt nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, aber ihr kennt bestimmt auch solche Typen. Und denen bin ich auch nicht böse, wenn man will, aber nicht kann, ist das wieder eine ganz andere Hausnummer.

Aber die Leute, die denken können und wollen und auch Freude daran haben, welche Farbe und Form haben deren Gedanken? Ich wäre nie auf den Gedanken (hach, ich liebe diese Wortspiele heute ;o) gekommen, dass deren Gedanken nicht rund sind. Sondern vielleicht eckig oder einfarbig. Ich sollte meinen Horizont erweitern und nicht immer von mich auf andere schließen.

In diesem Sinne, falls ihr diesen Artikel heute also geschafft habt, gratuliere ich euch, denn hier war heute ein wirres Gedankenmonster am Werk und ich möchte mit einem Zungenbrecher schließen. Und ich hoffe doch, euch trotzdem nächsten Donnerstag, mit hoffentlich klareren Gedanken, wieder zu lesen:

Wenn ich denke in Gedanken,
An das Denken der Gedanken,
Da fällt mir der Gedanke ein,
Dass das Denken der Gedanken,
Nur ein Denken der Gedanken wär.


Donnerstag, 11. August 2016

Über die Zeit oder warum Großeltern die besseren Eltern sind

Über die Zeit oder warum Großeltern die besseren Eltern sind

Letzte Woche habt ihr etwas für die Hexe (Http://dieweltmeinegedankenundich.blogspot.de/2016/08/jetzt-ist-die-alte-hexe-tot-oder-uber.html) in der Wohnung oder unter uns erfahren. Und wenn man so will, wohnen die Engel über uns.

Über uns der Himmel, unter uns die Hölle und ich bin trotzdem froh, dass ich zu beiden Türen habe, die ich auf und zu machen kann.

Wir zogen vor 6 Jahren in dieses Haus und freundeten uns langsam mit allen (fast allen) Parteien an. Besonders das ältere Ehepaar über uns, hatte es uns angetan. Wir luden uns gegenseitig zum Kaffee ein und veranstalteten auch Spieleabende zusammen. Da unsere echten Verwandten leider zu weit weg wohnen, um sich öfter als 1-2 x im Jahr zu sehen, haben wir uns eine Wahlfamilie gesucht.

Nachdem unsere Kinder geboren waren, wurde das Verhältnis zu unseren oberen Nachbarn noch inniger. Wir sehen sie jeden Tag. Morgens schalt als erstes "Oma und Opa" durch das Treppenhaus, dann gehen wir gemeinsam zum Auto. Sie begleiten uns auch zu Arztterminen oder passen mal auf die Kinder auf. Sowas was halt eine richtige Familie auch machen würde, aber sie sind halt nur "adoptiert", sie müssen das alles gar nicht machen. Aber sie möchten es.

Wir sind inzwischen ein Teil dieser Familie geworden und nein, sie haben es bei weitem nicht nötig. Sie haben selbst wundervolle Kinder und Enkelkinder und das ganz in der Nähe. Aber sie hatten halt noch genug Platz in ihrem Herzen für uns.

Und das finde ich toll, das möchte ich auch gerne später weitergeben. Mir ist schon klar, dass ich momentan mehr nehme als gebe. Aber ich hoffe doch, dass ich irgendwann die Chance bekomme mich zu revanchieren. Sei es im Alter bei ihnen selbst oder wenn ich alt bin, an eine andere Familie. Ich sehe das Universum gern als Gesamtheit und denke, dass jeder im Leben das bekommt was er letztlich verdient. Es kommt alles so, wie es kommen soll und alles wird schon irgendwie einen Grund haben. Einen Grund, der sich vielleicht erst Jahre später erschließt.

Vielleicht war Frau D. alias die böse Hexe von unten auch einfach nur neidisch auf unsere Gemeinschaft. Wir hatten ihr zwar angeboten ein Teil davon zu sein, mehrmals, aber man muss auch wollen. Und manche wollen halt lieber meckern als sich irgendwo einzubringen. Das ist ja auch meistens einfacher.

Und auch wenn ich unsere adoptierten Großeltern 2013 für einen Wettbewerb einer Zeitung nominiert hatte (die Weltbesten Großeltern oder so ähnlich) und wir damals auch einen Preis gewonnen haben, bin ich doch froh, dass es nicht meine richtigen Großeltern sind.

Ich könnte nie mit meinen eigenen Eltern oder Großeltern unter einem Dach wohnen. Und ich bewundere all diejenigen, die das können. Dazu gehört Mut oder Verzweiflung oder einfach mehr Nerven, als ich sie habe. Ich jedenfalls könnte nie im Schatten meiner Vergangenheit groß werden, ich brauche mein eigenes autonomes Leben. Ich brauche eine Tür (und auch etliche Kilometer) dazwischen. So ein Mehrgenerationenhaus ist schon eine tolle Sache und ich bin auch absoluter Befürworter von Gemeinschaftshäusern wo Altenheime und Kindergärten in einem Gebäude sind. Was sich die Generationen gegenseitig beibringen und geben, das können Eltern allein gar nicht bewerkstelligen.

Als Elternteil ist man ständig beschäftigt, man muss die Kinder anziehen, ausziehen, waschen, mit Essen versorgen, bespaßen, erziehen, den Haushalt wuppen und noch gefühlt 1000 Dinge mehr, gefühlt auch in Endlosschleife. Dazu natürlich noch erfolgreich im Job sein und den Lebensunterhalt sicherstellen.

Als Großeltern jedoch, hat man diesen Lebensabschnitt hinter sich. Man ist meist nicht mehr im Job, hat für sein Lebensende optimalerweise ausgesorgt und somit keine Existenzängste mehr. Man ist auch klüger und weiser und oft gelassener. Man hat ein ganz anderes Verhältnis zu Zeit und sich Zeit nehmen, man hat auch eine andere Sichtweise auf das Leben, was wirklich zählt und wichtig ist. Zumindest erträume ich mir das, wenn ich alt bin :o) Ein Exchef von mir sagte immer, auf die üblichen Geburtstagsfloskeln, "ach und schon wieder ein Jahr älter, jetzt werden Sie ja langsam alt" und er darauf "aber das hoffe ich doch."

Ich möchte also alt und weise werden. Leider hat man fürs weise sein oder werden in jungen Jahren keine Zeit. Auch ohne Kinder muss man ständig wohin und Termine oder Weltreisen wahrnehmen. Man macht sich den Stress gewissermaßen selbst.

Aber die Großeltern, die haben Zeit, ihr einziger Job im Leben ist es noch, so hart wie das jetzt auch klingen mag, ihre restliche Zeit in vollen Zügen bewusst zu genießen. Und die meisten wissen das auch und kommen deshalb meist besser mit ihren Enkelkindern zu recht als mit ihren Kindern selbst. Ihren Enkelkindern können sie plötzlich all die Liebe geben, die sie zu geben ihren Kindern keine Zeit hatten. (Siehe auch: http://dieweltmeinegedankenundich.blogspot.de/2016/07/die-heimkehr-der-verlorenen-tochter.html)

Ich wünsche mir, dass auch wir jungen Menschen im Alltag mal innehalten können und bewusst den Augenblick genießen können. Nicht immer nur auf das Später schauen, sondern im Jetzt leben. Sich öfter mal etwas Gutes tun und hören was das Herz einem sagt.

Und ich werde mir jetzt mal was Gutes tun und kein Thema für nächste Woche festlegen. So kann ich tun und lassen was ich möchte und einfach über das Schreiben, was mich in der nächsten Woche so beschäftigt. Das Leben ist nicht planbar und das ist manchmal auch gut so.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine schöne Woche und freue mich, wenn ihr nächsten Donnerstag wieder vorbeischaut.

Donnerstag, 4. August 2016

Jetzt ist die alte Hexe tot oder über Nachbarschaften


Jetzt ist die alte Hexe tot oder über gute und schlechte Nachbarschaft 
Die alte Dame unter uns ist letzte Woche gestorben bzw. von uns gegangen, sie hat das Zeitliche gesegnet oder sie ist in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Ich hoffe echt für sie, dass es keine Hölle gibt, denn da wäre sie jetzt wahrscheinlich. 
Ich hoffe einfach, dass sie da wo sie jetzt ist, ihren Frieden findet. Den Frieden, den sie zu Lebzeiten nicht annehmen konnte.
Wie kam es dazu?
Unter uns wohnte eine alte verbitterte Frau. Dass wir mit unseren 2 Kindern über ihr, sehr viel Krach machen, ist mir klar, aber ich habe wirklich versucht nicht über Maßen laut zu sein. Sie klopfte dennoch ständig von unten gegen die Zimmerdecke, mit einem Besen wahrscheinlich. Und ja, wenn man ganz still ist und keinen Fernseher an hat und sich ganz doll Mühe gibt, dann höre ich auch, dass die Leute über uns oder neben uns etwas reden, aber man kann ja auch regelrecht drauf warten. Unsere Kinder also "Piep" und sie "Peng."
Es fing schon morgens im Treppenhaus an, dass sie schrie, "wir sollten doch leiser sein." So drücke ich es jetzt mal aus. Gingen wir auf den Balkon, kam von unten, "jetzt hat man noch nicht auf dem Balkon seine Ruhe." Und dabei sind meine Kinder im Vergleich echte Engel.
Ich weiß, dass sie oder man gegen Kinderlärm nichts machen kann. Also rechtlich gesehen, ist ja Kinderlärm kein Lärm, sagt zumindest das Bundesverfassungsgericht. Und somit gehört Kinderlärm zum Leben dazu. Trotzdem machte es mich tierisch fertig, dass sie immer da war. Dass sie schrie und klopfte und schon deshalb münzte ich meinen Kindern immer ein, dass zum Beispiel das Bobbycar ja nur einmal und nicht andauernd rumfahren müsste. Sie machte mich einfach psychisch fertig mit ihren Mittelchen. Sie schränkte mich ein. Sie machte mein Leben und meinen Lebensraum kleiner. "Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt", sagte schon Immanuel Kant. Einmal rief sie die Polizei, weil wir den Tannenbaum aus dem Fenster geschmissen haben. Sie fühlte sich mit Leib und Leben bedroht.
Ich versuchte mir vorzustellen, dass wir die einzige Kontaktmöglichkeit für sie jeden Tag darstellen. Wir waren ihr Kontakt zur Außenwelt und sie liebte es zu schimpfen.
Für die Besserwisser unter euch, jeden wirklichen Kontakt lehnte sie natürlich ab. Wenn wir mit ihr sprechen wollten, ob an der Tür oder per Telefon, war das netteste was sie zu uns sagte: "wir sollten sie am Arsch lecken." Einmal grüßte sie mich aus Versehen zurück, das wurde den nächsten Tag mit doppelt so viel schimpfen wie normal belohnt.
Trotzdem sagte ich ihr, als ich sie nach einem langen Krankenhausaufenthalt wieder traf, "schön dass sie wieder da sind." Es folgte natürlich keine Reaktion.
Muss ich noch erwähnen, dass sie sich mit den restlichen Nachbarn im 6-Parteien-Haus auch zerstritten hat und seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern hat? Nicht, dass wir es nicht immer wieder versucht hätten. Ich finde gerade, wenn jemand einsam ist, können doch so ein paar unvoreingenommene Kinder das Eis brechen und den Tag bereichern.
Naja, ich musste mich jedenfalls so zusammen reißen, als mein Sohn mich einmal fragte, "wer wohnt denn unter eigentlich unter uns?" und sie mal wieder in Hörweite hinter ihren Fenster lauerte, "eine nette alte Oma", sagte ich. "Eine böse alte Hexe", lag nur kurz auf meiner Zunge bevor ich es runterschluckte. So lange es geht, halte ich meine Kinder von Vorurteilen frei.
Mein Mann und ich haben vorhin kurz Tränen gelacht, wir hatten nämlich eine Einladung zu ihrer Beerdigung im Briefkasten. Sie würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie das wüsste. Aber ihre Kinder gehen selbstverständlich davon aus, dass wir im Haus miteinander Kontakt hatten. Dieselben Kinder übrigens, die 2 Tage nach ihrem Tod schon ihre Wohnung leer räumten. Klar, eine 4 Zimmer Eigentumswohnung in bester Lage. Allerdings bin ich sehr auf das Testament gespannt, nicht dass ich es je sehen werde, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ihre Kinder mehr als den Pflichtanteil bekommen werden. Den Rest bekommt vielleicht das Tierheim.
Denn tierlieb war sie. Zumindest in ihren Augen. Sie hatte einen Hund, der es nicht wirklich gut hatte, kein Auslauf, nie einen Spaziergang, immer nur an der Leine runter in den Garten. Ein paar Mal riefen Nachbarn, nicht wir, den Tierschutz, der aber nichts machen konnte. Das Ordnungsamt hatten wir übrigens auch oft hier, einfach weil es in ihrer Wohnung oft unangenehm roch und auch der Garten mehr als runtergekommen war.
Ja, ich habe immer noch Mitleid mit ihr. Sie musste zum Schluss sehr unter ihrer Krankheit leiden, und war wahrscheinlich sehr allein und einsam. Ich tippe immer noch darauf, dass die Ärzte sie nur entlassen haben, weil sie sie auch nicht mehr ertragen konnten.
Wie man in den Wald hineinruft so schallt es heraus, sagt ein Sprichwort. Ja, das denke ich auch, aber hätten wir uns nicht noch mehr Mühe geben können oder müssen? Jetzt wo sie nicht mehr da ist, obwohl ich mir das sehr oft gewünscht habe, macht mich auch das fertig. Ich hätte so gern meinen Frieden mit ihr geschlossen, aber man kann es ja nicht jedem Recht machen.
Wenn sie wüsste, dass wir jetzt mit dem Gedanken spielen ihre Wohnung zu kaufen, wird sie wahrscheinlich dort wo sie jetzt ist, nicht mehr zu Ruhe kommen. Ein bisschen habe ich Angst, dass ihr Geist uns in ihrer alten Wohnung heimsuchen wird....
Aber sehen Sie es doch mal so liebe Frau D. Jetzt habe ich für sie schon einen ganzen Abend geopfert, ich habe Ihnen fast 2 Seiten in meinem Blog geschenkt. Das ist mein Friedensangebot: ich lasse sie in Ruhe und sie mich ab jetzt bitte auch. Ich wollte Ihnen nie etwas Böses, mein Motto war schon immer: jedem das seine. Ich tu dir nix und du mir nix. Leben und leben lassen. Wir müssen ja einander nicht mögen oder gar heiraten, wir waren einfach ganz zufällig nur Nachbarn.
Dass es auch noch ganz anders geht mit zufälligen Nachbarn, erfahrt ihr nächste Woche. Denn das ältere Ehepaar über uns, sind unsere "adoptierten" Großeltern geworden und wir sehen sie täglich. Wir lieben sie heiß und innig und sind sehr dankbar dass es sie gibt.
Fazit: Familie kann man sich nicht aussuchen. Nachbarn auch nicht immer, aber Freunde schon. In diesem Sinne lasst uns das Beste aus jeder Situation machen. Bis nächsten Donnerstag und Carpe Diem!