Donnerstag, 10. November 2016

Möge die Macht mit dir sein oder welche Superkraft hättest du gerne?

Wenn du dir eine Superkraft aussuchen könntest, was wäre das dann und warum? Diese Frage kam heute auf der Arbeit auf und mein 1. Gedanke ist beim näheres Betrachten eigentlich ein Witz.

Ich wollte nämlich gern Gedanken lesen können mit An- und Ausknipser. Und das nur aus dem Grund, damit ich weiß, was andere denken. Einfach wieder das leidliche Thema: Eigen- und Fremdbild. Warum ist es mir nicht egal, was andere von mir denken? Warum ist es nicht viel wichtiger oder eigentlich als einzigstes wichtig, was ich von mir denke?

Denn einen wirklichen Vorteil aus dem Gedankenlesen hätte ich nicht. Ich könnte damit nicht unbedingt mehr Geld verdienen. Ich könnte kein Lotto spielen oder an der Börse spekulieren. Ich könnte damit nicht den Weltfrieden herbeiführen oder eine Rakete zur Venus schicken oder fremde Galaxien erforschen. Ich könnte noch nicht mal einen Mord verhindern und die Welt zu einem besseren Ort machen. Wozu also das ganze?

Sinnvoller ist da vielleicht schon die Superkraft in die Zukunft schauen zu können. Man denke da nur an die Filmklassiker "Zurück in die Zukunft I-III". Man könnte damit echt die Welt verändern, vor allem in monetärer Hinsicht. Aber irgendwie ist es auch gruselig, es gibt dazu ja einige Serien, z.B. "Allein gegen die Zukunft", wo jemand immer die Zeitung von morgen bekommt und dann versucht die bösen Schlagzeilen zu verändern. Er hetzt also den ganzen Tag durch die Gegend um irgendetwas abzuändern oder zu verhindern. Stressig und echt gruselig. Und wenn man da weiterdenkt, man fuscht damit ja eigentlich Murphy ins Schicksal, man beachte da "Final Destination Teil 1-5 (Teil 6 wird gerade produziert)". Das ist mir dann zu heikel.

Wenn man meinen 4jährigen Sohn hingegen fragt, welche Superkraft er gerne hätte, sagt der sofort, dass er gern fliegen können würde. Überaus praktisch, wenn man schnell irgendwo hin will. Besonders jeden morgen wenn ich im Stau stehe, wäre das durchaus sinnvoll. Aber sonst? Muss ich dazu ein Cape anziehen ala Superman oder brauche ich einen Besen wie Harry Potter?

Apropos Harry Potter, wie wäre es denn mit einem Unsichtbarkeitsumhang wie in Teil 1, bei "Der Stein der Weisen"? Da könnte man mal Mäuschen spielen und in Meetings mitlauschen oder auch Aktientipps und ähnliches aufschnappen. Für den Anfang vielleicht ganz witzig, aber sonst?

Witzig wäre es natürlich auch durch die Wände (oder für Erwachsene durch die Kleidung) schauen zu können. Aber ganz ehrlich, wollen wir das wirklich? Was bringt uns das? Man könnte wahrscheinlich buchstäblich hinter die Fassade des Nachbarn schauen, der immer einen auf heile Welt spielt. Aber macht uns das zufriedener?

Letztlich ist es ja das, was zählt im Leben. Zufrieden sein. Und was hat man davon, wenn man sich ewiges Leben wünscht? Das sieht man ja an den ganzen Vampirserien (angefangen mit "Interview mit einem Vampir" über "Biss zum Morgengrauen usw.") Dass das auf Dauer nicht wirklich witzig ist, wenn man immer wieder seine Lieben kommen und gehen sieht und immer und immer wieder muss man sich an neue Sachen gewöhnen, die aber auch nicht von Dauer sind. Denn alles ist vergänglich außer man selbst.

Wenn ich mir was wünschen dürfte, wäre es, dass ich weniger wiege, mehr Geld verdiene, aber weniger arbeiten muss, mehr Zeit für meine Kinder habe und insgesamt zufriedener wäre. Nicht dauernd im Stress und von einer Sache zur nächsten hetzen. Aber welche Superkraft würde mir dabei helfen?

Wahrscheinlich keine, ich glaube ja, dass allein in mir die Kraft ruht, mein Leben zu ändern. Dafür benötige ich keine Superkraft. Ich muss nicht superstark sein, oder Elasticgirl oder zaubern können. Es würde mich nicht wirklich zufriedener machen. Es würde Abwechslung in mein Leben bringen, aber ich würde die Welt nicht ändern können.

Ich kann nur meine kleine Welt jeden Tag aufs neue ein klein bisschen besser machen. Und darauf hoffen, dass vielleicht nicht aus jedem aber aus einigen kleinen Samenkörnern der Veränderungen, große Bäume werden, die mir Halt geben können. Denn Bäume sind superstark, leben eine kleine Ewigkeit, ihre Blätter können fliegen und sie werden auch so manchen Gedanken erhaschen können.

Zwar heißt es "Ein einzelner Baum ergibt noch keinen Wald" (aus China) aber auch

"Der Baum selbst gibt zur Axt den Stiel, die seinem Leben setzt ein Ziel." (Jüdisches Sprichwort)

Und das lässt mich dann doch schmunzeln und bringt meinen Tag heute zu einem guten Abschluss.


Donnerstag, 3. November 2016

Aus der Sicht des anderen oder der Spiegel


Dass das, was man an einem anderen Menschen am meisten nicht mag, bzw. Was einem am meisten stört, genau das ist, was einem an einem selber am meisten stört, das wusste ich schon.

Es war ein langer Prozess und auch ziemlich hartnäckig und anstrengend. Denn wenn man über seine Kollegin schimpft oder auch über seinen Mann. Und sich dann mal überlegt, was man denen immer so insgeheim vorwürft, da wird einem schon klar, wenn mal ganz ehrlich zu sich selber ist, dass es genau das ist, was einem an einem selber stört. Es ist so, als würde man sich immer selber einen Spiegel vorhalten.

Viele meiner jetzigen Freundinnen konnte ich am Anfang nicht leiden. Aber letztlich waren wir uns immer ähnlicher als ich befürchtet habe. Und letztlich war genau, das, was ich ihnen immer vorgeworfen habe, genau das, was uns letztendlich zusammengebracht hat. Zu einer Freundin sagte ich mal: "ich bin lieber mit dir befreundet, als mit dir zusammenzuarbeiten." Und da ist was wahres dran. Wir sind uns vom Arbeitsstil zu ähnlich und würden uns somit immer wieder in die Quere kommen. Ich warf ihr am Anfang Dominanz und Besserwisserei (ja, auch Klugscheißerei vor) und natürlich Kontrollwahn und dass man alles und jedes kommentieren muss. Aber letztlich sind das genau meine Eigenschaften, die mich ausmachen.

Wenn ihr euch also das nächste Mal über jemanden aufregt, bedenkt vielleicht dabei, dass ihr euch eigentlich über euch selber aufregt *grins*

Ich sehe das immer sehr schön an meinen Kindern. Der Große "erzieht" jetzt mit seinen 4,5 Jahren unseren Kleinen mit 2 Jahren. Die ganzen Erziehungssprüche hat er natürlich von uns. Und wenn er also mit dem Kleinen spricht, erkennen wir unsere Erziehungsmethoden und hören Sätze wie "aber das darfst du nicht.", "man muss aber Hände waschen." Und "hauen tut man nicht" und "tun tut man auch nicht". Das ist manchmal echt gruselig und hält einem echt einen Spiegel vor. "Das musst du jetzt so und so tun. Verstanden?!"

Äh, okay, wir werden demnächst unsere Erziehungsmethoden also überdenken.

"Unsere Fehler stören uns am meisten, wenn wir sie an anderen bemerken."

Und Achtung, jetzt kommt ein neuer Aspekt hinzu. Denn neulich las ich, dass auch das was man an anderen am meisten bewundert oder toll findet, eigentlich auch genau eine Eigenschaft ist, die man selbst besitzt. Also quasi auch ein Spiegel nur im positiven Sinne.

Diesen Aspekt fand ich im ersten Schritt sehr suspekt. Ich finde z.B. An meinem Mann toll, dass er immer so gelassen ist und mit dem zufrieden ist, was er hat. Und ich soll jetzt auch gelassen sein oder gar zufrieden? Oder ich finde an meiner Kollegin toll, dass sie immer so eine gute Laune verbreitet. Oder an meiner einen Freundin, dass sie alleinerziehende tolle Mama von 3 Kindern ist und trotzdem Vollzeit arbeitet.

Aber je länger ich darüber nachdenke, was ich an anderen so toll finde, umso mehr Sachen oder Dinge fallen mir ein, die wirklich auf mich zu treffen. Nicht weil ich es so denke, nein, soweit bin ich noch nicht, aber weil es mir andere Leute schon mal so gesagt haben.

Genau dass ich eben immer gelassen "erscheine" (und ich glaube, darauf kommt es auch an, nicht wie es in mir drinnen aussieht, sondern wie es nach außen wirkt) und wohl auch eine positive Ausstrahlung habe. Wäre ich nie im Leben allein darauf gekommen. Und letztens sagte eine Bekannte zu mir, als ich sagte dass es der alleinerziehenden Vollzeitmami gut ginge, da sie ja eine echte Powerfrau wäre, antwortete die Bekannte: "ja, du weißt ja selbst wie das ist, du bist ja auch eine." Ich wusste wirklich nicht, was sie meinte und es ratterte nur langsam in meinem Kopf, denn ich würde mich nie selbst als Powerfrau sehen.

Selbstbild und Fremdbild gehen hier also weit auseinander. Immer noch. Aber ich arbeite dran und möchte mit den Worten von Virginia Satir schließen:

"Ich bin es mir wert, genauso wie ich bin, angenommen und geliebt zu werden, hier und jetzt. Ich bringe mir Liebe entgegen und nehme mich an, ich beschließe, von heute an ganz zu leben."

Und das ehrlich mir selbst gegenüber und meinen Gedanken. Und immer mit der Überlegung im Kopf, wenn ich mich über andere aufrege, dann rege ich mich eigentlich über mich auf und das was ich an anderen toll finde, ist ein Teil von mir.

In diesem Sinne, viel Spaß beim Nach- und Querdenken!