Auf Wunsch einer treuen Leserin geht es heute um Freundschaften.
Und darum, warum Freundschaften und das Leben so ähnlich sind wie Zugfahren.
Ich bin ein Zug, mein Leben ist ein Zug. Mal ist es eine
Regionalbahn, mal ein ICE, mal so ein superschneller Magnetschwebeexpresszug
und mal ist es eine Bimmelbahn. Manchmal bin ich der Lokführer, mal der
Schaffner, der die Fahrgäste kontrolliert ob sie überhaupt Fahrkarten haben und
an meinem Leben teilhaben dürfen. Mal bin ich nur Fahrgast in meinem Zug des
Lebens, manchmal auch nur blinder Passagier.
Mal fährt der Zug schnell, mal langsam, mal gar nicht. Manchmal
ist er nämlich aus Versehen auf ein Abstellgleis gefahren und muss erst wieder
rückwärts fahren, um in die richtige Richtung fahren zu können. Und da muss man
warten und sich in Geduld üben.
Manchmal habe ich das Gefühl der Zug des Lebens fährt immer nur
im Kreis, so dass ich die ganze Landschaft schon kenne. Ich meine dann jeden
Baum, jeden Grashalm schon beim Schatten zu erkennen.
Manchmal ist es draußen arg neblig, so dass ich gar nichts sehen
kann. Dann wiederum prasseln die Regentropfen ans Fenster. Manchmal blendet
auch die Sonne und es ist auch total stickig im Zug, so dass man meint keine
Luft mehr zu bekommen, da die Klimaanlagen mal wieder ausgefallen sind.
Manchmal sind mir die Abteile zu voll und ich möchte am Liebsten
aussteigen, doch das geht nicht, denn es ist verboten. Man kann nicht einfach
die Notbremse ziehen, das steht unter Strafe. Denn einen fahrenden Lebenszug
kann man nicht einfach so anhalten. Und manchmal ist mir der Zug auch einfach zu
leer.
Und manchmal kommt dann auch ein Bahnhof, ein neuer
Lebensabschnitt. Der Zug hält an und neue Leute steigen ein, manchmal müssen
auch Leute aussteigen. Meist ist das dann ein Abschied für immer, denn noch mal
genau den gleichen Bahnhof gibt es nicht. Der Zug des Lebens hat keinen
Fahrplan. Da kann man noch so schön planen, man weiß nie, wie das Wetter wird
und ob nicht ein Baum aufs Gleis gestürzt ist. Oder ob es Personen auf den
Gleisen gibt oder einen Oberleitungsschaden. Oder irgendeine andere Verkettung
unglücklicher Umstände.
Und ich wiederum glaube, dass diese Leute, diese Menschen, die
eine Weile in deinem Zug mitfahren dürfen, jeder eine bestimmte Aufgabe hat.
Der Zug besteht aus Waggons und Abteilen, es gibt z.B. ein Familienabteil, ein
Abteil für Arbeitskollegen, ein Abteil für Freunde usw. Und jeder Mensch
begleitet dich so lange wie du es brauchst.
Das klingt etwas egoistisch, ist aber so. Und als ich endlich
angefangen habe, zu akzeptieren, dass diese Menschen gehen müssen, wenn sie
ihre Aufgabe erfüllt haben, geht es mir besser. Diese Menschen werden halt
irgendwo anders jetzt mehr gebraucht als in meinem Leben. Es gibt kaum
Menschen, die ein Leben lang bleiben. Sie bleiben immer nur genauso lang wie
sie müssen.
Ich habe es früher immer furchtbar schade gefunden, wenn ich es
nicht geschafft habe, einen Kontakt aufrecht zu erhalten. Da war man
monatelang, fast täglich zusammen, und dann ändert sich plötzlich dein Umfeld,
die Aufgabe für diese Person ist gelöst und sie muss gehen. Man will den
Kontakt halten, aber man schafft es nicht. Es wird nie wieder so intensiv sein
wie früher, man kann gemeinsam in Erinnerungen schwelgen, aber es wird nie wieder
genau so sein. Man kann zwar Kontakt halten über Telefon und Briefe und
neumodische Techniken, aber dieser Mensch sitzt halt nicht mehr im Zug neben dir,
er musste aussteigen und ist jetzt etwas weiter weg und nicht mehr ganz so nah.
Seitdem ich akzeptiert habe, dass dies aber nicht schlimm ist,
ist es viel einfacher geworden. Es ist doch ein tröstlicher Gedanke zu wissen,
dass neue Leute kommen werden. Es werden neue Leute im nächsten Bahnhof zu
steigen, diese werden mir bei meiner neuen Aufgabe helfen. Es werden genau
immer die Leute kommen, die ich brauche.
Ja, auch wenn ich am Anfang die Menschen vielleicht nicht mag,
die da in meinen Zug steigen, so werden sie mir helfen. Und wenn sie mir nicht
im eigentlichen Sinne helfen und sie im nächsten Bahnhof schon wieder
aussteigen, helfen sie mir immerhin meine Geduld zu stärken. Und sie helfen mir
zu erkennen, dass ich vielleicht alleine viel stärker bin und alleine etwas
schaffe, was ich mir nie zugetraut hätte. Denn man bekommt nur die Aufgaben im
Leben, die man auch erfüllen kann.
Fazit: auf der einen Seite sollte man jeden Moment genießen, denn
der Zug des Lebens ist immer in Bewegung (auch Stillstand ist eine Form der
Bewegung) und es wird nie genau der gleiche Moment genauso wieder kommen. Und
auf der anderen Seite sollte man einfach Vertrauen darin haben, dass man genau
die richtigen Leute zur Seite gestellt bekommt. Alles im Leben geschieht aus
einem bestimmten Grund, auch wenn sich der Sinn erst viel später erschliesst.
Denn alles was mich nicht
umbringt, macht mich stärker.
PS: So ihr Lieben, habt ihr auch einen Themenwunsch über den ich
schreiben soll? Oder nennt mir 10 Wörter, ich bastele um diese Wörter meinen
nächsten Beitrag für euch. Ich freue mich darauf. Bis dahin: Carpe diem!