Diese einfache Frage hören wir wahrscheinlich mehrmals am Tag,
aber so gleich die Fragen auch sein mögen, so unterschiedlich sind sie doch
gemeint und so unterschiedlich fallen auch meine Antworten aus.
Am Montag im Büro, mein Chef: "Hallo, wie geht es dir? Wie
war dein Wochenende?"
Ich: "alles gut, wir haben viel Zeit mit den Kindern
verbracht."
Am Montag im
Büro, meine Zimmerkollegin: "Hallo, wie geht es dir?"
Ich: "Ich
bin müde, die Kinder waren am Wochenende krank."
Am Montag im Büro, mein einer Kollege, den ich zufällig auf dem
Flur begegne, wir aber nicht wirklich Berührungspunkte miteinander haben:
"Hallo, wie geht es dir? Wie war dein Wochenende?"
Ich: "Alles bestens, es könnte nicht besser sein. Und bei
dir?" (Die Antwort ist hier übrigens auch: "alles gut." Warum
sollte er auch etwas anderes sagen?)
Am Montag, meine
beste Freundin über Whatsapp: "Hallo, wie geht es dir? Wie war dein Wochenende?"
Ich: "die
nächste Frage bitte."
Was würde mein Chef sagen, wenn ich ihm erzähle, wie mein
Wochenende wirklich war? Dass die Kinder die ganze Zeit Erbrechen hatten und
ich nachts kaum ein Auge zu gemacht habe, weil ich jeden Moment darauf gewartet
habe, dass "es" wieder bei einem von beiden losgeht.
"Hallo, wie geht es dir?" ist eine Floskel. Kaum einer
will eine wirkliche Antwort darauf haben. Man tut so, als ob man höflich ist,
aber wirklich wissen, will man es nicht. Meine Freundin will es wissen, aber
die hat selber soviel um die Ohren, da werde ich ihr garantiert nicht
vorheulen, dass ich in manchen Momenten einfach nicht mehr weiß, aus welchen
Gründen ich denn unbedingt Kinder haben wollte, und dann sogar noch 2.
Und ganz ehrlich, manchmal weiß ich auch gar keine Antwort auf
die Frage: "Hallo, wie geht es dir?". Dazu müsste ich mir ja mal
einen Moment Zeit nehmen und in mich reinhören.
Und dann ist da ja noch die Frage mit wem vergleiche ich mich? Im
Vergleich zur alleinerziehenden mehrfach-Mama geht es mir bestimmt super. Ich
habe einen tollen Ehemann, der mich zwar auch nicht immer versteht, aber dafür
klare Anweisungen super versteht und toll im Haushalt mithilft. Aber im
Vergleich zur "einfachen" (also nicht zweifachen) Mama, die Teilzeit
arbeitet und die auch noch eine Putzfrau hat, geht es mir nicht so gut. Oder
doch?
Man sollte mal versuchen, hinter die Fassade zu schauen. Denn
selten ist alles so eitel Sonnenschein wie es aussieht. Die nach außen perfekte
Familie steht manchmal vielleicht kurz vor der Scheidung und die Kinder, die
immer hören und lieb sind, werden später Tyrannen.
Man sollte also versuchen sich nicht mit anderen zu vergleichen,
denn man ist immer man selber und einzigartig und wunderbar in seiner
Besonderheit. Jeder ist eine ganz besondere Person.
Mein Mann fragt immer: "bist du glücklich?" Ich finde
das ist so eine wichtige Frage, auf die ich aber selten eine Antwort weiß. Wie
definiert man glücklich? Glücklich jetzt oder in ein paar Minuten wenn ein
langer Arbeitstag sich dem Ende neigt und die Kinder endlich im Bett sind. Oder
bin ich glücklich, wenn ich zufrieden bin? Zufrieden bin ich z.B. nach einem
(oder 2) Stück Schokolade, aber bin ich dann glücklich? Meine Waage ist es
jedenfalls nicht.
Aber ich bin glücklich, wenn meine Kinder glücklich sind. Aber
auch die haben schon ihre Mechanismen. Ich: "Kind 1: wie geht es dir? Tut
dein Ohr noch weh?" (Wir haben grad eine akute Mittelohrentzündung mit
Antibiotikabehandlung) Er: "gut und nein, mein Ohr tut nicht weh".
Ich, als Mama denke ja, dass er das nur sagt, weil er seine Ruhe will. Was mich
aber nicht daran hindert in 5 Minuten wieder nachzufragen. Denn es muss doch
weh tun, denke ich mir, also frage ich noch mal nach und noch mal....
Denn wenn mir kalt ist, ziehe ich meinen Kindern was an und wenn
mir warm ist, ziehe ich ihnen die Jacke aus. Und wenn ich mir vorstelle, wie
weh mir meine Mittelohrentzündung damals tat, also das muss ihm doch wehtun.
Ist es hier richtig, von sich auf andere zu schließen? Ich glaube, das ist der
Mama-Instinkt. Denn Männer können (meist) nachts ruhig schlafen und hören
nicht, wie sich der Nachwuchs im Zimmer nebenan übergibt. Ich glaube, das ist
so ein Jäger- und Sammlerding. Die Männer mussten ausgeruht für die Mammutjagd
sein und die Mütter dafür sorgen, dass die Kinder gesund blieben.
Ob die Neandertaler sich schon damals gegenseitig gefragt haben,
wie es ihnen geht? Damals ging es ums Überleben und Gefühle waren
wahrscheinlich nebensächlich. Heutzutage sind Gefühle im Job auch nicht gern
gesehen. Man ist ganz Business-Mensch, denn man ist ja nicht beim Dating oder
zu Hause, man ist auf der Arbeit. Da muss man professionell auftreten und
funktionieren.
Deswegen hat die Antwort auf der Arbeit nach dem "Hallo, wie
geht es dir?" Immer "gut" zu lauten. Sonst bist du nicht zu
gebrauchen, sonst wirst du abserviert. Und da wir ja auf den Job angewiesen
sind und dort auch meist viel mehr Zeit als zu Hause verbringen, ist es
manchmal schwierig außerhalb des Jobs zu wissen, wie es einem wirklich geht.
Und wie geht es mir heute nun? Ich bin froh, dass dieser Tag rum
ist, ich freue mich dass morgen ein neuer Tag ist und ich werde mich jetzt mit
einem Stück Schokolade belohnen, dass der Artikel fertig ist. Und wie geht es
dir so?
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