Donnerstag, 8. September 2016

Hallo, wie geht es dir?



Diese einfache Frage hören wir wahrscheinlich mehrmals am Tag, aber so gleich die Fragen auch sein mögen, so unterschiedlich sind sie doch gemeint und so unterschiedlich fallen auch meine Antworten aus.

Am Montag im Büro, mein Chef: "Hallo, wie geht es dir? Wie war dein Wochenende?"

Ich: "alles gut, wir haben viel Zeit mit den Kindern verbracht."

            Am Montag im Büro, meine Zimmerkollegin: "Hallo, wie geht es dir?"

            Ich: "Ich bin müde, die Kinder waren am Wochenende krank."

Am Montag im Büro, mein einer Kollege, den ich zufällig auf dem Flur begegne, wir aber nicht wirklich Berührungspunkte miteinander haben: "Hallo, wie geht es dir? Wie war dein Wochenende?"

Ich: "Alles bestens, es könnte nicht besser sein. Und bei dir?" (Die Antwort ist hier übrigens auch: "alles gut." Warum sollte er auch etwas anderes sagen?)

            Am Montag, meine beste Freundin über Whatsapp: "Hallo, wie geht es dir? Wie war dein             Wochenende?"

            Ich: "die nächste Frage bitte."

Was würde mein Chef sagen, wenn ich ihm erzähle, wie mein Wochenende wirklich war? Dass die Kinder die ganze Zeit Erbrechen hatten und ich nachts kaum ein Auge zu gemacht habe, weil ich jeden Moment darauf gewartet habe, dass "es" wieder bei einem von beiden losgeht.

"Hallo, wie geht es dir?" ist eine Floskel. Kaum einer will eine wirkliche Antwort darauf haben. Man tut so, als ob man höflich ist, aber wirklich wissen, will man es nicht. Meine Freundin will es wissen, aber die hat selber soviel um die Ohren, da werde ich ihr garantiert nicht vorheulen, dass ich in manchen Momenten einfach nicht mehr weiß, aus welchen Gründen ich denn unbedingt Kinder haben wollte, und dann sogar noch 2.

Und ganz ehrlich, manchmal weiß ich auch gar keine Antwort auf die Frage: "Hallo, wie geht es dir?". Dazu müsste ich mir ja mal einen Moment Zeit nehmen und in mich reinhören.

Und dann ist da ja noch die Frage mit wem vergleiche ich mich? Im Vergleich zur alleinerziehenden mehrfach-Mama geht es mir bestimmt super. Ich habe einen tollen Ehemann, der mich zwar auch nicht immer versteht, aber dafür klare Anweisungen super versteht und toll im Haushalt mithilft. Aber im Vergleich zur "einfachen" (also nicht zweifachen) Mama, die Teilzeit arbeitet und die auch noch eine Putzfrau hat, geht es mir nicht so gut. Oder doch?

Man sollte mal versuchen, hinter die Fassade zu schauen. Denn selten ist alles so eitel Sonnenschein wie es aussieht. Die nach außen perfekte Familie steht manchmal vielleicht kurz vor der Scheidung und die Kinder, die immer hören und lieb sind, werden später Tyrannen.

Man sollte also versuchen sich nicht mit anderen zu vergleichen, denn man ist immer man selber und einzigartig und wunderbar in seiner Besonderheit. Jeder ist eine ganz besondere Person.

Mein Mann fragt immer: "bist du glücklich?" Ich finde das ist so eine wichtige Frage, auf die ich aber selten eine Antwort weiß. Wie definiert man glücklich? Glücklich jetzt oder in ein paar Minuten wenn ein langer Arbeitstag sich dem Ende neigt und die Kinder endlich im Bett sind. Oder bin ich glücklich, wenn ich zufrieden bin? Zufrieden bin ich z.B. nach einem (oder 2) Stück Schokolade, aber bin ich dann glücklich? Meine Waage ist es jedenfalls nicht.

Aber ich bin glücklich, wenn meine Kinder glücklich sind. Aber auch die haben schon ihre Mechanismen. Ich: "Kind 1: wie geht es dir? Tut dein Ohr noch weh?" (Wir haben grad eine akute Mittelohrentzündung mit Antibiotikabehandlung) Er: "gut und nein, mein Ohr tut nicht weh". Ich, als Mama denke ja, dass er das nur sagt, weil er seine Ruhe will. Was mich aber nicht daran hindert in 5 Minuten wieder nachzufragen. Denn es muss doch weh tun, denke ich mir, also frage ich noch mal nach und noch mal....

Denn wenn mir kalt ist, ziehe ich meinen Kindern was an und wenn mir warm ist, ziehe ich ihnen die Jacke aus. Und wenn ich mir vorstelle, wie weh mir meine Mittelohrentzündung damals tat, also das muss ihm doch wehtun. Ist es hier richtig, von sich auf andere zu schließen? Ich glaube, das ist der Mama-Instinkt. Denn Männer können (meist) nachts ruhig schlafen und hören nicht, wie sich der Nachwuchs im Zimmer nebenan übergibt. Ich glaube, das ist so ein Jäger- und Sammlerding. Die Männer mussten ausgeruht für die Mammutjagd sein und die Mütter dafür sorgen, dass die Kinder gesund blieben.

Ob die Neandertaler sich schon damals gegenseitig gefragt haben, wie es ihnen geht? Damals ging es ums Überleben und Gefühle waren wahrscheinlich nebensächlich. Heutzutage sind Gefühle im Job auch nicht gern gesehen. Man ist ganz Business-Mensch, denn man ist ja nicht beim Dating oder zu Hause, man ist auf der Arbeit. Da muss man professionell auftreten und funktionieren.

Deswegen hat die Antwort auf der Arbeit nach dem "Hallo, wie geht es dir?" Immer "gut" zu lauten. Sonst bist du nicht zu gebrauchen, sonst wirst du abserviert. Und da wir ja auf den Job angewiesen sind und dort auch meist viel mehr Zeit als zu Hause verbringen, ist es manchmal schwierig außerhalb des Jobs zu wissen, wie es einem wirklich geht.

Und wie geht es mir heute nun? Ich bin froh, dass dieser Tag rum ist, ich freue mich dass morgen ein neuer Tag ist und ich werde mich jetzt mit einem Stück Schokolade belohnen, dass der Artikel fertig ist. Und wie geht es dir so?


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