Donnerstag, 11. August 2016

Über die Zeit oder warum Großeltern die besseren Eltern sind

Über die Zeit oder warum Großeltern die besseren Eltern sind

Letzte Woche habt ihr etwas für die Hexe (Http://dieweltmeinegedankenundich.blogspot.de/2016/08/jetzt-ist-die-alte-hexe-tot-oder-uber.html) in der Wohnung oder unter uns erfahren. Und wenn man so will, wohnen die Engel über uns.

Über uns der Himmel, unter uns die Hölle und ich bin trotzdem froh, dass ich zu beiden Türen habe, die ich auf und zu machen kann.

Wir zogen vor 6 Jahren in dieses Haus und freundeten uns langsam mit allen (fast allen) Parteien an. Besonders das ältere Ehepaar über uns, hatte es uns angetan. Wir luden uns gegenseitig zum Kaffee ein und veranstalteten auch Spieleabende zusammen. Da unsere echten Verwandten leider zu weit weg wohnen, um sich öfter als 1-2 x im Jahr zu sehen, haben wir uns eine Wahlfamilie gesucht.

Nachdem unsere Kinder geboren waren, wurde das Verhältnis zu unseren oberen Nachbarn noch inniger. Wir sehen sie jeden Tag. Morgens schalt als erstes "Oma und Opa" durch das Treppenhaus, dann gehen wir gemeinsam zum Auto. Sie begleiten uns auch zu Arztterminen oder passen mal auf die Kinder auf. Sowas was halt eine richtige Familie auch machen würde, aber sie sind halt nur "adoptiert", sie müssen das alles gar nicht machen. Aber sie möchten es.

Wir sind inzwischen ein Teil dieser Familie geworden und nein, sie haben es bei weitem nicht nötig. Sie haben selbst wundervolle Kinder und Enkelkinder und das ganz in der Nähe. Aber sie hatten halt noch genug Platz in ihrem Herzen für uns.

Und das finde ich toll, das möchte ich auch gerne später weitergeben. Mir ist schon klar, dass ich momentan mehr nehme als gebe. Aber ich hoffe doch, dass ich irgendwann die Chance bekomme mich zu revanchieren. Sei es im Alter bei ihnen selbst oder wenn ich alt bin, an eine andere Familie. Ich sehe das Universum gern als Gesamtheit und denke, dass jeder im Leben das bekommt was er letztlich verdient. Es kommt alles so, wie es kommen soll und alles wird schon irgendwie einen Grund haben. Einen Grund, der sich vielleicht erst Jahre später erschließt.

Vielleicht war Frau D. alias die böse Hexe von unten auch einfach nur neidisch auf unsere Gemeinschaft. Wir hatten ihr zwar angeboten ein Teil davon zu sein, mehrmals, aber man muss auch wollen. Und manche wollen halt lieber meckern als sich irgendwo einzubringen. Das ist ja auch meistens einfacher.

Und auch wenn ich unsere adoptierten Großeltern 2013 für einen Wettbewerb einer Zeitung nominiert hatte (die Weltbesten Großeltern oder so ähnlich) und wir damals auch einen Preis gewonnen haben, bin ich doch froh, dass es nicht meine richtigen Großeltern sind.

Ich könnte nie mit meinen eigenen Eltern oder Großeltern unter einem Dach wohnen. Und ich bewundere all diejenigen, die das können. Dazu gehört Mut oder Verzweiflung oder einfach mehr Nerven, als ich sie habe. Ich jedenfalls könnte nie im Schatten meiner Vergangenheit groß werden, ich brauche mein eigenes autonomes Leben. Ich brauche eine Tür (und auch etliche Kilometer) dazwischen. So ein Mehrgenerationenhaus ist schon eine tolle Sache und ich bin auch absoluter Befürworter von Gemeinschaftshäusern wo Altenheime und Kindergärten in einem Gebäude sind. Was sich die Generationen gegenseitig beibringen und geben, das können Eltern allein gar nicht bewerkstelligen.

Als Elternteil ist man ständig beschäftigt, man muss die Kinder anziehen, ausziehen, waschen, mit Essen versorgen, bespaßen, erziehen, den Haushalt wuppen und noch gefühlt 1000 Dinge mehr, gefühlt auch in Endlosschleife. Dazu natürlich noch erfolgreich im Job sein und den Lebensunterhalt sicherstellen.

Als Großeltern jedoch, hat man diesen Lebensabschnitt hinter sich. Man ist meist nicht mehr im Job, hat für sein Lebensende optimalerweise ausgesorgt und somit keine Existenzängste mehr. Man ist auch klüger und weiser und oft gelassener. Man hat ein ganz anderes Verhältnis zu Zeit und sich Zeit nehmen, man hat auch eine andere Sichtweise auf das Leben, was wirklich zählt und wichtig ist. Zumindest erträume ich mir das, wenn ich alt bin :o) Ein Exchef von mir sagte immer, auf die üblichen Geburtstagsfloskeln, "ach und schon wieder ein Jahr älter, jetzt werden Sie ja langsam alt" und er darauf "aber das hoffe ich doch."

Ich möchte also alt und weise werden. Leider hat man fürs weise sein oder werden in jungen Jahren keine Zeit. Auch ohne Kinder muss man ständig wohin und Termine oder Weltreisen wahrnehmen. Man macht sich den Stress gewissermaßen selbst.

Aber die Großeltern, die haben Zeit, ihr einziger Job im Leben ist es noch, so hart wie das jetzt auch klingen mag, ihre restliche Zeit in vollen Zügen bewusst zu genießen. Und die meisten wissen das auch und kommen deshalb meist besser mit ihren Enkelkindern zu recht als mit ihren Kindern selbst. Ihren Enkelkindern können sie plötzlich all die Liebe geben, die sie zu geben ihren Kindern keine Zeit hatten. (Siehe auch: http://dieweltmeinegedankenundich.blogspot.de/2016/07/die-heimkehr-der-verlorenen-tochter.html)

Ich wünsche mir, dass auch wir jungen Menschen im Alltag mal innehalten können und bewusst den Augenblick genießen können. Nicht immer nur auf das Später schauen, sondern im Jetzt leben. Sich öfter mal etwas Gutes tun und hören was das Herz einem sagt.

Und ich werde mir jetzt mal was Gutes tun und kein Thema für nächste Woche festlegen. So kann ich tun und lassen was ich möchte und einfach über das Schreiben, was mich in der nächsten Woche so beschäftigt. Das Leben ist nicht planbar und das ist manchmal auch gut so.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine schöne Woche und freue mich, wenn ihr nächsten Donnerstag wieder vorbeischaut.

1 Kommentar:

  1. Wie sagte meine eigene Mutter einmal? Sie möchte Enkelkinder haben, weil sie diese so verwöhnen kann wie sie es bei den eigenen Kindern nie konnte.

    Verstanden habe ich das damals als Kind bzw. Jugendliche nicht so recht. Aber es stimmt, die Eltern müssen viel Eher Grenzen aufzeigen und auch erziehen. Großeltern können da deutlich gelassener sein, weil die letztendliche Verantwortung bei den Eltern liegt und nicht bei den Großeltern. Klar geben sie vieles an Wissen und Erfahrungen weiter und prägen die Kinder. Aber sie haben hier viel weniger Stress, wie die Eltern.

    Und dann kommt noch eine gute Portion an Lebenserfahrung dazu, die den Eltern noch bevorstehen. Und so ist es wie überall, jung alleine ist nicht gut, alt alleine auch nicht, erst die Kombination aus beidem gibt der nachfolgenden Gerneration die Mischung, die für ein gutes Leben erforderlich sind.

    Davon abgesehen, habe ich meine eigene Großmutter sehr geliebt, dass ich noch heute fast 20 Jahre nach ihrem Tod noch heiße Diskussionen mit ihr führe. ;-) Auch solche Beziehungen kann es geben.

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